Von den drei einzigen gebunden erhaltenen schwarzen Pergamenthandschriften weltweit ist diese die einzige mit ganzseitigen Miniaturen. Um 1475 in Brügge entstanden, gilt der Codex mit seiner einzigartigen und farbenprächtigen Ausgestaltung in Gold, Silber und Blau als kostbare Rarität.
Strahlende Kostbarkeit In Schwarz, Silber, Gold Und Blau
Das Schwarze Stundenbuch – eine kostbare Rarität
Das Schwarze Stundenbuch M. 493, das heute in der Pierpont Morgan Library, New York gehütet wird, ist um 1475 in Brügge entstanden, vermutlich im Umkreis von Willem Vrelant, dem zu dieser Zeit führenden Buchmaler der Stadt.
Das Schwarze Stundenbuch ist eine Prunkhandschrift allerersten Ranges. Alle 121 Pergamentfolios sind schwarz gefärbt. Damit sich das Geschriebene gut vom dunklen Hintergrund abhebt, kommen für die Gestaltung der Miniaturen und der Schrift außer Bleiweiß und Deckfarben nur Gold- und Silbertinte oder Blattgold in Frage.
Weltweit sind nur noch drei schwarze Pergamenthandschriften als gebundene Codices erhalten. Der Codex M. 493 ist allerdings der einzige, der ganzseitige Miniaturen enthält.
Aufwendige Herstellung
Die Herstellung einer Handschrift auf schwarzem Pergament war äußerst aufwendig und kostspielig. Zuerst wurde das Pergament in eine Eisen-Kupfer-Lösung eingetaucht, um die schwarze Färbung zu erhalten. Danach wurde es bemalt.
Das Bad in schwarzer Farbe hatte einen schwerwiegenden Nachteil: Das Pergament wurde spröde und brüchig.
Die Ausstattung des Schwarzen Stundenbuches ist weltweit einzigartig: Auf mehr als der Hälfte der Folios befinden sich breite, mit strahlendem Blau grundierte Bordüren. Die darin enthaltenen Ornamente – Akanthusblätter, in denen wir zahlreiche Drôlerien entdecken – sind ganz in Gold gehalten. Zusätzlich wurden die Kapitelanfänge mit Rubriken aus Goldtinte hervorgehoben. Besonders prächtig sind auch die über dreißig mehrzeiligen Blattgoldinitialen auf smaragdgrünem Hintergrund, welche die Textblöcke gliedern.
Goldene Miniaturen auf Schwarz
In feierlichem Gold erstrahlen 14 ganzseitige Miniaturen auf den schwarzglänzenden Blättern. Mit differenzierten Grauabstufungen und duftig-zartem Kolorit löst der Maler perspektivische Innenräume und Landschaften plastisch aus dem Schwarz heraus. Gerade in der Beschränkung auf nur wenige, mit Bedacht gewählte Farben liegt der besondere Reiz der Miniaturen.
Ganzseitige Bilder leiten sämtliche Stundengebete ein. Allein im Marienoffizium finden wir acht solcher Miniaturen, wodurch sich die in Stundenbüchern weit verbreitete besondere Verehrung der Muttergottes ausdrückt.
Brügge und die Burgunderherzöge
Die flämische Stadt Brügge zählte im 15. Jahrhundert zu den wichtigsten Handelsmetropolen Europas und galt außerdem als Zentrum der Buchmalerei. Der Ruf einer Stadt, in der sogar das Seltenste und Kostbarste zu finden war, zog auch viele Kunstliebhaber an, die die Kultur und das Kunsthandwerk stimulierten.
Die Entstehung der schwarzen Handschriften ist eng mit dem Aufstieg der Burgunderherzöge verknüpft. Von den sechs heute erhaltenen Pergamenthandschriften sind fünf in den Niederlanden und eine in Spanien entstanden. Das Burgunderreich war ein außergewöhnlicher, wenn auch sehr kurzlebiger Staat, der Ende des 14. Jahrhunderts an der Nahtstelle zwischen dem französischen Königreich und dem Kaiserreich entstand. Durch Heirat, Kauf, Erbschaft oder Eroberungen konnten die Burgunderherzöge ein Reich zusammenfügen, das sich von der Nordsee bis tief ins heutige Frankreich erstreckte. Der burgundische Hof übertraf in seiner Extravaganz und Prunksucht bald alles in Europa bisher Dagewesene und wurde Vorbild für die Hofhaltung europäischer Fürsten.
Schwarz am Hofe Philipps des Guten
Als sein Vater Johann Ohnefurcht am 10. September 1419 von Dienern des französischen Königs erdolcht wurde, war Philipp 23 Jahre alt. Rächen durfte er diesen Mord nicht, wohl aber seiner Trauer sichtbaren Ausdruck verleihen. Das Kriegsgefolge, mit dem Philipp anlässlich der Trauerfeierlichkeiten dem französischen und dem englischen König entgegenritt, entsprach ganz der damaligen Größe des Hauses Burgund. 2000 schwarze Fähnchen, mit schwarzen Standarten, die Fransen von schwarzer Seide, alles bestickt oder bemalt mit goldenen Wappen, zierten den Trauerzug.
Als Philipp noch lange nach Ablauf der Trauerfrist schwarz trägt, beginnt dies auf den Adel und schließlich sogar auf das reiche Bürgertum Flanderns »abzufärben«. Fortan gehörte es in Flandern zum guten Ton, sich schwarz zu kleiden.
Diesem Zusammenspiel von Religiosität und modischer Prachtentfaltung verdanken wir das um 1475 entstandene Schwarze Stundenbuch.
Die Entstehung der Faksimile-Edition
Schwarze Handschriften sind wegen der Brüchigkeit des Pergaments höchst fragile Objekte. Um so wichtiger ist es, diese seltenen Unikate in Form von Faksimile-Editionen für die Nachwelt zu erhalten.
Das Schwarze Stundenbuch der Pierpont Morgan Library wird vom Faksimile Verlag in einer weltweit limitierten Auflage von 980 Exemplaren faksimiliert. Alle 242 Seiten im Format von ca. 17,0 x 12,0 cm werden mit den 14 großformatigen Miniaturen, den blau-goldenen Bordüren und den smaragdgrün hinterlegten Zierinitialen in Originalgröße und farbgenau faksimiliert.
Der Bucheinband der Faksimile-Edition besteht aus schwarzem Samt, geschmückt mit vergoldeten Zierknöpfen und einer vergoldeten Schließe. Damit hat der Faksimile Verlag in Übereinstimmung mit den Verantwortlichen der Pierpont Morgan Library der Handschrift wieder einen Einband verliehen, der ihrer feierlichen Ausstrahlung voll und ganz gerecht wird und den aktuellen Schutzeinband aus dem 20. Jahrhundert ersetzt.
Der wissenschaftliche Kommentarband
Der wissenschaftliche Kommentarband wird von Bernard Bousmanne, Leiter der Handschriftenabteilung der Bibliothèque Royale Albert Ier in Brüssel, in Zusammenarbeit mit William Voelkle, Kurator der Pierpont Morgan Library in New York, verfasst.
Faksimileband und Kommentarband werden in einem schützenden Acrylschuber geliefert.